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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 219/08
Rechtsgebiete: FKlG, PsychGRG, FKlUmwG, TVG, TVÜ-Länder, TVÜ-Ärzte, TV-L, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

FKlG § 1 Abs. 1
FKlG § 9
FKlG § 10
FKlG § 10 Abs. 1
FKlG § 11
FKlG § 11 S. 1
FKlG § 11 Abs. 2
FKlG § 12
PsychGRG § 2 Abs. 1
FKlUmwG § 1
FKlUmwG § 2
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 5
TVÜ-Länder § 2
TVÜ-Länder § 2 Abs. 1
TVÜ-Ärzte § 1 Abs. 4
TVÜ-Ärzte § 2
TV-L § 1
TV-L § 2
TV-L § 20
TV-L § 41
TV-L § 41 Nr. 1 Abs. 2
TV-L § 42
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 613 a Abs. 1 S. 2
BGB § 613 a Abs. 1 S. 3
BGB § 613 a Abs. 1 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 219/08

Verkündet am 11.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 11.11.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 08.05.2008, Az.: 1 Ca 259 b/08, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf eine tarifliche Sonderzuwendung geltend. In diesem Zuge streiten die Parteien darüber, ob auf ihr Arbeitsverhältnis für das Jahr 2006 noch der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 (Zuwendungs-TV) Anwendung fand.

Die Klägerin ist seit dem 15.02.1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Ärztin in der Fachklinik für Psychiatrie, Neurologie und Rehabilitation in N... i. H. beschäftigt. Die Fachklinik war bei Vertragsschluss noch als Landeskrankenhaus ein unmittelbarer Eigenbetrieb des Landes Schleswig-Holstein.

§ 2 des Arbeitsvertrages vom 24.12.1991 enthält - soweit hier von Belang - folgende Regelung (Bl. 6 d. A.):

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. ..."

Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung öffentlicher-rechtlicher psychiatrischer Fachkliniken vom 08.12.1995 (Fachklinikgesetz-FKlG; GVOBl für Schleswig-Holstein 1995, 452) wurden die Fachkliniken S..., N... und H... vom Land Schleswig-Holstein als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts errichtet. Gemäß § 11 S. 1 FKlG gingen mit Wirkung vom 01.01.1996 die Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse der am 31.12.1995 bei dem jeweiligen Landeskrankenhaus tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Land Schleswig-Holstein auf die jeweilige Anstalt des öffentlichen Rechts über. Für die Fortgeltung der bisherigen Arbeitsbedingungen ordnete § 11 Abs. 2 FKlG Folgendes an:

"Für die von Absatz 1 erfassten Beschäftigten gelten die bis zum Zeitpunkt der Errichtung der Dachkliniken maßgeblichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weiter. Es gelten ferner die diese Tarifverträge künftig ändernden und ergänzenden Tarifverträge. ..."

Gemäß § 1 Abs. 1 des durch das Artikelgesetz zur Neuordnung der Fachkliniken vom 25.11.2002 (FKlNG; GVOBl für Schleswig-Holstein 2002, 237) eingeführten Gesetzes über die p...-G... (PsychGRG) wurde die als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtete Fachklinik N... aufgehoben und deren bewegliches und unbewegliches Vermögen fiel an die Fachklinik H..., die sodann als Fachklinik im Sinne des Fachklinikgesetzes vom 08.12.1995 den Namen p...-G... führte. Gemäß § 2 Abs. 1 PsychGRG gingen die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei der Fachklinik N... tätig waren, auf die p...-G... über. Gemäß Art. 2 FKlNG wurden neben zahlreichen Änderungen die §§ 10 - 12 FKlG gestrichen und anstatt dessen nach § 9 folgender § 10 Abs. 1 FKlG eingeführt:

"Für die Beschäftigten der Fachklinik S... und der p... G... gelten die bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weiter. Sie sind gleichfalls bei der Einstellung Beschäftigter anzuwenden. ..."

Mit dem durch Art. 1 des Gesetzes zur Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten (PsychE-UmwG) vom 24.09.2004 erlassenen Gesetz zur Umwandlung der Fachklinik S... und der p... G... (Fachkliniken-Umwandlungsgesetz - FKlUmwG; GVOBl für Schleswig-Holstein 2004, 350) regelte der Landesgesetzgeber die Zulässigkeit und das Verfahren der Umwandlung der rechtsfähigen Anstalten der p...-G... in Gesellschaften mit beschränkter Haftung, § 1 FKlUmwG. In § 2 FKlUmwG ermächtigte der Landesgesetzgeber schließlich die oberste Landesgesundheitsbehörde im Einvernehmen mit dem Finanzministerium durch Verordnung den Formwechsel p...-G... in die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu regeln. Gemäß Artikel 3 Abs. 3 PsychE-UmwG trat § 10 des FKlG n. F. mit Verkündung des Artikelgesetzes, d. h. am 25.09.2004, außer Kraft.

Durch Landesverordnung über den Formwechsel und die Veräußerung der p...-G... vom 13.10.2004 (GVOBl für Schleswig-Holstein 2004, 401) wurde die p...-G... in N... i. H. von einer AöR in eine GmbH umgewandelt. Der Rechtsformwechsel wurde mit Eintragung der GmbH ins Handelsregister, d. h. am 04.01.2005 wirksam.

Nach Verkündung des Gesetzes zur Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten vom 24.09.2004 schloss das Land Schleswig-Holstein als Träger der p...-G... AöR mit dem Gesamtpersonalrat der p...-G... AöR unter dem 01./21.10.2004 eine "Sicherungsvereinbarung", die als Regelung zugunsten Dritter konzipiert war (Bl. 9 d. A.). § 2 der Sicherungsvereinbarung lautet wie folgt:

"Alle bisher bei der AöR geltenden Arbeitsverträge, Regelungen und Vereinbarungen bleiben auch nach der Umwandlung und dem Gesellschafterwechsel unverändert in Kraft und es sind insbesondere alle bisherigen Rechtsvorschriften und tatsächlichen Verfahrensweisen, die bisher geltenden Tarifregelungen und die bislang von der AöR abgeschlossenen dienststelleninternen/ betrieblichen bzw. bei ihr geltenden Vereinbarungen fortzuführen. Das bedeutet insbesondere, dass für die gem. § 1 gesicherten Mitarbeiterinnen die gegenwärtig für sie bei der AöR Anwendung findenden Tarifverträge bei den neuen Gesellschaften als dynamischer Besitzstand vereinbart werden. Das bedeutet, dass diese Mitarbeiterinnen so gestellt bleiben, wie sie stünden, wenn die zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifverträge BAT/MTArb einschließlich ihrer Fortentwicklung auch auf sie unmittelbar Anwendung fänden, auch wenn die neue durch Umwandlung entstehende GmbH nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband bzw. anders tarifgebunden ist."

Die Beklagte erwarb die Geschäftsanteile der durch den Formwechsel entstandenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie ist nicht aufgrund Verbandszugehörigkeit an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebunden. Ob die Klägerin bereits bei Abschluss ihres Arbeitsvertrages Mitglied des Marburger Bundes war, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte zahlte der Klägerin für das Jahr 2006 in Anwendung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) eine Jahressonderzahlung in Höhe von 35 % ihrer Monatsvergütung für September 2006.

In Abstimmung mit dem Marburger Bund unterbreitete die Beklagte den bei ihr tätigen Ärzten eine Änderungsvereinbarung mit dem Inhalt, dass das Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 01.01.2007 nach den Regeln des TV-Ärzte behandelt wird.

Mit ihrer am 31.01.2008 erhobenen Klage hat die Klägerin die Differenz zwischen der Sonderzuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 (Zuwendungs-TV) und der nach dem TV-L gezahlten Zuwendung für das Jahr 2006 in unstreitiger Höhe geltend gemacht.

Die Klägerin hat behauptet,

dass sie bei Vertragsschluss bereits Mitglied des Marburger Bundes gewesen sei. Der BAT und der Zuwendungs-TV hätten zunächst kraft beiderseitiger Tarifbindung und seit der Kündigung derselben zum 31.12.2005 kraft tariflicher Nachwirkung - jedenfalls bis zum 31.12.2006 - auf das Arbeitsverhältnis Anwendung gefunden. Hieran ändere auch die Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages nichts. Weder der TV-L noch der TV-Ärzte sei ein ändernder Tarifvertrag im Sinne des § 2 des Arbeitsvertrages. Diese Bezugnahmeklausel erfasse nicht die den BAT ersetzenden Tarifverträge. Der TV-L sei mithin weder aufgrund normativer Geltung noch einzelvertraglicher Bezugnahme ab dem 01.11.2006 auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 2.379,64 brutto nebst Zinsen in Höhe von 10 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.12.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten,

dass aufgrund der in § 2 des Arbeitsvertrages einzelvertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel seit dem 01.11.2006 der TV-Ärzte auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Mit dem Verweis auf "ändernde und ergänzende" Tarifverträge seien auch ersetzende Tarifverträge gemeint. Das Land Schleswig-Holstein beschäftige Ärzte nur noch an Universitätskliniken, sodass die Bezugnahmeklausel nur als Bezugnahme auf den TV-Ärzte verstanden werden könne. Diese Auffassung vertrete auch das Land Schleswig-Holstein in dessen Schreiben vom 13.11.2006 (Bl. 29 d. A.) und 10.04.2007 (Bl. 30 d. A.). Letztlich könne dies aber dahingestellt bleiben, denn entweder sei der TV-Ärzte oder TV-L durch § 2 des Arbeitsvertrages in Bezug genommen worden und es ergäbe sich aus keinem dieser Tarifverträge der klägerische Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.05.2008 abgewiesen. Der Zuwendungs-TV sei auf das Arbeitsverhältnis weder kraft Nachwirkung noch aufgrund einer Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrages im streitgegenständlichen Zeitraum (November/Dezember 2006) anwendbar. Der den BAT ergänzende Zuwendungs-TV sei aufgrund der dynamischen Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages mit Wirkung ab dem 01.11.2006 durch den TV-L ersetzt worden. Der TV-L sei der fachlich einschlägige Tarifvertrag. Im Gegensatz zu dem TV-Ärzte regele dieser die Arbeitsbedingungen von Ärzten auch außerhalb von Universitätskliniken. § 2 des Arbeitsvertrages verweise auf den TV-L unabhängig von der Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien kraft Mitgliedschaft. Bei der Bezugnahmeklausel handele es sich um eine andere Abmachung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG, die für den Fall, dass der Zuwendungs-TV kraft Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden sollte, diese Nachwirkung ersetze. Fragen einer ergänzenden Vertragsauslegung stellten sich nicht. Auch auf die Sicherungsvereinbarung könne die Klägerin den Klaganspruch nicht stützen.

Gegen dieses ihr am 26.05.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.06.2008 Berufung beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingelegt und diese am 23.07.2008 begründet.

Die Klägerin trägt vor,

die dynamische Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages erfasse nach dem eindeutigen Wortlaut nur ergänzende und ändernde, nicht aber ersetzende Tarifverträge. Sowohl der TV-L als auch der TV-Ärzte seien keine den BAT "ergänzenden oder ändernden", sondern den diesen "ersetzende" Tarifverträge, § 2 TVÜ-Länder bzw. § 2 TVÜ-Ärzte. Das Land Schleswig-Holstein als ihre ursprüngliche Arbeitgeberin habe sehr wohl den Unterschied zwischen ändernden und ersetzenden Tarifverträgen gesehen. Denn zeitlich später habe das Land Schleswig-Holstein in den von ihm verwendeten Formulararbeitsverträgen in den Bezugnahmeklauseln neben den ändernden und ergänzenden Tarifverträgen zusätzlich auch ersetzende Tarifverträge aufgenommen. Dies mache deutlich, dass es einen Unterschied zwischen ersetzenden und ergänzenden Tarifverträgen gebe. Das Arbeitsgericht Lübeck unterstelle unzulässig einen hypothetischen Parteiwillen, wonach die Parteien zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses bereits vorausgesehen hätten, dass der BAT und damit auch der Zuwendungstarifvertrag zukünftig einmal durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt werden könnten. Zudem könne sich die Bezugnahmeklausel des § 2 nicht auf den TV-L beziehen. Der TV-Ärzte sei der weitaus speziellere Tarifvertrag für die Regelungen der Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte. Der TV-L hingegen sei ein Tarifvertrag, der hauptsächlich für die nicht-ärztlichen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst ausgehandelt worden sei. In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten, dass auch das Land Schleswig-Holstein die Auffassung vertrete, dass der TV-Ärzte der den BAT ersetzende Tarifvertrag sei. Der TV-Ärzte wiederum sei frühestens ab 1.Januar 2007 auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden, und zwar aufgrund der Abstimmungen zwischen dem Marburger Bund und der Beklagten und dem diesbezüglichen Vertragsangebot der Beklagten. Folglich seien der BAT und die diesen ergänzenden Tarifverträge bis zum 31.12.2006 anzuwenden. Im Übrigen handele es sich bei § 2 des Arbeitsvertrages um eine Gleichstellungsabrede. Mit Kündigung des BAT und der diesen ergänzenden Tarifverträge wirke sich die Gleichstellungsabrede statisch aus. Im Übrigen folge sein Anspruch auch aus § 2 der Sicherungsvereinbarung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 08.05.2005 (1 Ca 259 b/08) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie € 2.379,64 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.12.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages erfasse auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge. Deshalb falle das Arbeitsverhältnis der Klägerin ab 01.11.2006 entweder in den Geltungsbereich TV-Ärzte oder in jenen des TV-L. Aus ihrem - der Beklagten - Angebot, den TV-Ärzte ab 01.01.2007 auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, folge nichts anderes. Es handele sich insoweit um eine unabhängig von § 2 des Arbeitsvertrages getroffene Absprache mit dem Marburger Bund, um etwaige Auslegungsprobleme hinsichtlich des Gegenstandes der einzelvertraglichen Bezugnahme für die Zukunft zu regeln. Auch die Argumentation der Klägerin zur Gleichstellungsabrede führe vorliegend nicht zur Fortgeltung des Zuwendungs-TV und damit zur Begründung des Klaganspruchs. Vielmehr gehe es lediglich darum, ob nach Ablösung eines Tarifvertrages durch den anderen Tarifvertrag letzterer von einer vertraglichen Bezugnahmeklausel erfasst wird.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 519, 520 ZPO.

In der Sache hat die Berufung indessen keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat für das Jahr 2006 keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV i. V. m § 4 Abs. 5 TVG kraft tariflicher Nachwirkung (I.). Der Anspruch ergibt sich aber auch nicht aus § 2 des Arbeitsvertrages. Der Zuwendungs-TV fand kraft einzelvertraglicher Bezugnahme nur noch bis zum 31.10.2006 Anwendung. Die in § 2 des Arbeitsvertrages vereinbarte dynamische Bezugnahme bezieht sich seit Außerkrafttreten des BAT, d. h. seit dem 01.11.2006, auf den diesen ersetzenden Tarifvertrag, d. h. auf den TV-L (II.). Der TV-L und nicht der TV-Ärzte hat den Zuwendungs-TV vom 12.10.1973 ersetzt (III.). Die Kammer schließt sich insoweit der von der 4. Kammer in einem Parallelverfahren vertretenen Auffassung an, Urteil vom 06.11.2008 - 4 Sa 218/08 -.

Gemäß § 20 TV-L hat die Klägerin Anspruch auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von 35 % der in den Monaten Juli, August und September gezahlten durchschnittlichen Monatsvergütung. Unstreitig hat die Beklagte diesen Anspruch auf die Jahressonderzahlung erfüllt.

I. In dem hier maßgeblichen Zeitraum vom 01.11.2006 bis 31.12.2006 wurde das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ausschließlich einzelvertraglich geprägt. Die Klägerin kann demgegenüber keinen Anspruch auf die Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV kraft tariflicher Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG beanspruchen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass bei Vertragsschluss - den Vortrag der Klägerin bzgl. ihrer damals schon bestehenden Mitgliedschaft im Marburger Bund als wahr unterstellt - beide Vertragspartner, d. h. die Klägerin und das Land Schleswig-Holstein, an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes tarifgebunden waren.

1. Eine bei Vertragsschluss bereits bestehende Mitgliedschaft der Klägerin im Marburger Bund führte lediglich dazu, dass die Klägerin die tarifliche Zuwendung (im Zeitraum beiderseitiger Tarifbindung) nicht nur aufgrund der einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel, sondern auch originär aus dem Zuwendungs-TV beanspruchen konnte, § 4 Abs. 1 TVG i. V. m. § 3 Abs. 1 TVG.

Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten nach Ablauf eines Tarifvertrages dessen Vorschriften für die Tarifgebundenen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. § 4 Abs. 5 TVG betrifft also jenen Sachverhalt, bei dem bei beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag abläuft. In einem solchen Fall sollen seine Normen weiter gelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Zwar hatte die Gewerkschaft Marburger Bund die Tarifverträge des öffentlichen Rechts - mithin auch den Zuwendungs-TV - zum 31.12.2005 gekündigt, sodass sich diese Tarifverträge seit dem 01.01.2006 bis zum 31.10.2006 für die beiderseits Tarifgebundenen in der Nachwirkung befanden. Voraussetzung der (statischen) Nachwirkung eines Tarifvertrages ist mithin, dass beide Vertragspartner bei Beendigung des Tarifvertrages tarifgebunden sind.

Diese Voraussetzung lag hier indessen nicht vor. Die beklagte GmbH war zu keinem Zeitpunkt, insbesondere nicht im streitentscheidenden Zeitraum November/Dezember 2006 Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Die anfänglich (möglicherweise) bestehende beiderseitige Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien endete bereits Anfang 1996 mit der Umwandlung des Landesbetriebes, d. h. des Landeskrankenhauses in N..., in eine Anstalt des öffentlichen Rechts.

2. Mit Wirkung vom 01.01.1996 wurde die damalige landeseigene Fachklinik N... aufgrund des Fachklinikgesetzes vom 08.12.1995 vom Land Schleswig-Holstein als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Diese rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts war nicht Mitglied der TdL und damit nicht tarifgebunden gemäß § 3 Abs. 1 TVG. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse der damaligen Mitarbeiter und damit auch der Klägerin zum 01.01.1996 auf die p...-G... AöR führte jedoch vorliegend weder zu einer (statisch wirkenden) verlängerten Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 3 TVG, noch zu einer (statisch wirkenden) Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG, noch zu einer statischen Fortgeltung der Tarifverträge gemäß § 613 a Abs. 1 S. 2 - 4 BGB. Vielmehr ordnete das Fachklinikgesetz vom 08.12.1995 in § 11 Abs. 2 an, dass die bis zum Zeitpunkt der Errichtung der Fachkliniken maßgeblichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung und damit dynamisch weitergelten, und zwar auch die diese Tarifverträge künftig ändernden und ergänzenden Tarifverträge. Die p...-G... war mithin ab dem 01.01.1996 aufgrund dieser zwingenden landesgesetzlichen Vorgabe verpflichtet, den BAT und die diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträge trotz fehlender Tarifbindung auf die Arbeitsverhältnisse anzuwenden. Aufgrund dieses zwingenden Charakters der landesgesetzlichen Norm war es unzulässig, zu Lasten der Arbeitnehmer vom BAT und den diesen ergänzenden Tarifverträgen abweichende Regelungen einzelvertraglich zu vereinbaren. Dieser zwingende Schutz wurde in der Folgezeit aufrechterhalten, § 10 FKlG n. F. (Fachklinikgesetz i. d. F. vom 13.01.2003). Indessen wurde der aufgrund der Umwandlung der Landeskrankenhäuser in Anstalten des öffentlichen Rechts gesetzlich statuierte Schutz der Arbeitnehmer mit Wirkung ab dem 25.09.2004 aufgehoben, da gemäß Art. 3 Abs. 3 PsychE-UmwG vom 24.09.2004 am Tag nach dessen Verkündung § 10 FKlG n. F. außer kraft gesetzt wurde. Die Folge war, dass nunmehr die dynamische Fortgeltung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nicht mehr durch das Fachklinikgesetz abgesichert war, sondern sich das Rechtsverhältnis zwischen den Arbeitnehmern und der die Fachkliniken übernehmenden GmbH nur noch nach den zwischen diesen bestehenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen richtete. Es stellt sich mithin vorliegend allein die Frage, ob die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes erfasst.

II. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfasst § 2 des Arbeitsvertrages auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge. Dem steht nicht der Wortlaut der Bezugnahmeklausel entgegen. Hiernach werden der BAT und die diesen "ergänzenden und ändernden" Tarifverträge in Bezug genommen. Die Auslegung dieser vertraglichen Regelung ergibt indessen, dass hiervon auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge erfasst sind.

1. Soweit demgegenüber die Beklagte in der Berufungsverhandlung unter Hinweis auf die Niederschriftserklärung zu § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder die Auffassung vertreten hat, der BAT sei durch Einführung des TV-L bzw. des TV-Ärzte nur geändert und nicht ersetzt worden, kann dem nicht zugestimmt werden. Vielmehr haben die jeweils am 01.11.2006 in Kraft getretenen TV-L und TV-Ärzte den BAT sowie die diesen ergänzenden Tarifverträge, mithin auch den Zuwendungs-TV, "ersetzt". Dies folgt bezogen auf den TV-L aus dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 1 der Anlage 1 TVÜ-Länder Teil A sowie aus Listennummer 18 der Anlage 1 TVÜ-Länder Teil B bzw. bezogen auf den TV-Ärzte aus Nr. 1 der Anlage 1 TVÜ-Ärzte Teil A sowie aus Listennummer 9 der Anlage 1 TVÜ-Ärzte Teil B. Selbst aus der Niederschriftserklärung zu § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder folgt nichts anderes. Auch dort ist davon die Rede, dass der TV-L und der TVÜ-Länder das bisherige Tarifrecht auch dann "ersetzen", wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten.

2. Die Auslegung der einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel (§ 2 des Arbeitsvertrages) ergibt indessen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht nur die den BAT ergänzenden und ändernden, sondern auch die ihn ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden sollen.

Gemäß §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordert. Bei der Auslegung von Verträgen gemäß § 157 BGB ist § 133 BGB zu beachten, wonach der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen ist und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks festgehalten werden darf. Bei der Auslegung wiederum sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war. Anhaltspunkte für das wirklich Gewollte können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck des Vertrages und der bei Vertragsschluss vorliegenden Interessenlagen ergeben (ständige Rspr. des Bundesarbeitsgerichts, vgl. nur BAG Urt. v. 19.09.2007 - 4 AZR 710/06 -; AP Nr. 54 zu § 133 BGB; BAG Urt. v. 31.07.2002 - 10 AZR 513/01 -, AP Nr. 74 zu § 74 HGB).

Hieran gemessen werden durch § 2 des Arbeitsvertrages auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge in Bezug genommen.

a) Zunächst spricht bereits der allgemeine Sprachgebrauch dafür, dass unter "Änderung" auch eine "Ersetzung" zu verstehen ist. Die Bezugnahmeklausel spricht einerseits von "ergänzenden" und andererseits von "ändernden" Tarifverträgen. Von einer Ergänzung spricht man, wenn etwas bisher noch nicht und nunmehr durch die Ergänzung neu geregelt wird. Die Ergänzung tritt neben die bisherige Regelung. Demgegenüber betrifft die Änderung eine Modifikation einer bereits bestehenden Regelung. Die Änderung verändert eine bestehende Regelung, tritt mithin an die Stelle einer bestehenden Regelung bzw. ersetzt diese. Die Ersetzung ist ein kompletter Austausch einer Regelung durch eine neue Regelung und damit dem Grunde nach die weitestgehende Änderung einer bestehenden Regelung. Dieses Sprachverständnis folgt auch aus der Niederschrift zu § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder. Hiernach gehen auch die Tarifvertragsparteien davon aus, dass der TV-L und der TVÜ-Länder das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzen, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten.

b) Für die so gefundene Auslegung der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages spricht zudem der mit ihr erkennbar verfolgte Sinn und Zweck.

aa) Die vertragsschließende Arbeitgeberin der Klägerin, das Land Schleswig-Holstein, war als Mitglied der TdL tarifgebunden. Bei § 2 des Arbeitsvertrages handelt es sich um eine gerade im öffentlichen Dienst üblicherweise verwandte sogenannte Gleichstellungsabrede. Das Land Schleswig-Holstein bezweckte eine Gleichstellung aller Mitarbeiter bezogen auf die Anwendung der für den öffentlichen Dienst maßgeblichen Tarifverträge. Mit der Bezugnahmeklausel sollte erreicht werden, dass ungeachtet einer konkreten Tarifbindung des Arbeitnehmers das gesamte, jeweils geltende Tarifwerk des öffentlichen Dienstes auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Durch die in der Bezugnahmeklausel angelegte Dynamik sollten künftig auch alle Änderungen einbezogen werden und zwar unabhängig von deren Tragweite. Sinn und Zweck der Gleichstellung und letztlich auch die dynamische Fortgeltung der einschlägigen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst gingen verloren, wenn die den BAT ersetzenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung mehr fänden. Ein Verständnis dahingehend, dass nur eine "Änderung" der Inhaltsnormen eines nach wie vor existenten Bundes-Angestelltentarifvertrages von der Bezugnahmeklausel erfasst werde, hätte mit Wirkung ab dem 01.11.2006 zu einer statischen Fortgeltung des alten BAT-Regelungswerkes geführt. Der Tarifzustand des BAT wäre dann im Jahre 2006 festgeschrieben worden, mit der Folge, dass er nur noch zwischen den Vertragsparteien statisch weiter gelten würde. Dies liefe aber nicht nur der eindeutig als dynamisch konzipierten Bezugnahmeklausel diametral entgegen, sondern auch der bei Vertragsschluss bezweckten Gleichstellung mit tarifgebundenen Arbeitnehmern. Es ging den Parteien bei Vertragsschluss ersichtlich nicht darum, den namentlich als Bundes-Angestelltentarifvertrag bezeichneten und die diesen ergänzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung in Bezug zu nehmen, sondern generell die von der TdL für den öffentlichen Dienst abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung.

bb) Mit der dynamischen Bezugnahme auf den BAT und die diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträge haben die Vertragsparteien auch nachfolgende Tarifergebnisse im Voraus als interessengerecht anerkannt. Wenn aber alle Änderungen des Tarifvertrages gemäß § 2 des Arbeitsvertrages gelten sollen, ist es weder sach- noch interessengerecht, eine komplette Änderung, d. h. eine Ersetzung der bisherigen Regelungsmaterie durch neue Regelungen von der Bezugnahmeklausel auszunehmen. Dies gilt zumindest dann, wenn sich die Ersetzung - wie hier - auf denselben Regelungsgegenstand bezieht. Der Unterschied zwischen Änderung und Ersetzung ist nur gradueller Natur.

Hierbei ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass es auch unter der Geltung des BundesAngestelltentarifvertrages immer wieder Änderungen dieses Tarifwerkes mit - teilweise erheblichen - Auswirkungen gegeben hat. Ob im abgeschlossenen Tarifwerk nachfolgende Regelungen sodann als Änderungen oder Ersetzungen verstanden werden, ist im Wesentlichen eine Wertungsfrage (Möller/Welkoborsky, NZA 2006, S. 1382, 1384). Dabei ist zunächst zu beachten, dass - wie dargelegt - auch jede Änderung ersetzenden Charakter hat. Die Klägerin verkennt bei ihrer zu engen Sichtweise bei der Abgrenzung zwischen "ändern" und "ersetzen" auch Folgendes: Hätten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes ihr neues, ab 01.11.2006 geltendes Tarifwerk nicht als TV-L oder TV-Ärzte bezeichnet, sondern als BAT/Land 2006 beziehungsweise BAT/Ärzte 2006, so läge - ohne Unterschied in der Sache - unzweifelhaft eine "Änderung" im engeren Wortsinn vor. Dies zeigt deutlich, dass allein ein Festhalten am Wortlaut dem in der Bezugnahmeklausel zum Ausdruck kommenden Willen der Vertragsparteien nicht gerecht wird.

cc) Die klägerische Auffassung, dass ein den BAT ersetzender Tarifvertrag nicht unter § 2 des Arbeitsvertrages fiele, würde letztlich dazu führen, dass die Arbeitnehmer bei einer Ersetzung des BAT durch einen anderen von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossenen einschlägigen Tarifvertrag nicht durch einzelvertragliche Bezugnahme an der Neuregelung partizipieren würden. Ein solches Ergebnis wäre nicht in Einklang zu bringen mit dem aus § 2 des Arbeitsvertrages erkennbaren Parteiwillen, das Arbeitsverhältnis zeitlich dynamisch der Fortentwicklung des Tarifwerkes des öffentlichen Dienstes zu unterstellen. Zudem weist Fieberg (NZA 2005, 1228) zutreffend darauf hin, dass ein solches Verständnis der Klägerin dazu führen würde, dass die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages ab 01.11.2006 ins Leere gehen würde. Denn der BAT ist mit Wirkung ab 01.11.2006 durch den TV-L und den TV-Ärzte aufgehoben worden. Raum für eine Nachwirkung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG ist daher nicht. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auch auf einen aufgehobenen Tarifvertrag beziehen kann. Ein derart atypischer Fall setzt indessen voraus, dass die Bezugnahmeklausel eindeutige Anhaltspunkte dafür enthält, dass der aufgehobene Tarifvertrag weiter gelten soll und nicht der an dessen Stelle tretende neue Tarifvertrag. Vorliegend sprechen keine Umstände dafür, dass im Falle der Ersetzung des Bundes-Angestelltentarifvertrages durch ein neues Tarifwerk für den öffentlichen Dienst der BAT gleichwohl fortgelten sollte.

dd) Der so verstandenen Auslegung steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der p...-G... sowie des Landes Schleswig-Holstein selbst nicht tarifgebunden ist. Für die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Regelung kommt es auf die Umstände im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages an. Bei der Auslegung eines gegenseitigen Vertrages dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Vertragsschluss dem Vertragspartner auch erkennbar waren (Palandt-Heinrichs, 68. Aufl., Rn. 9 zu § 133 BGB). Es kommt mithin nicht darauf an, was die Vertragspartner möglicherweise heute wollen, sondern darauf, was sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages wollten und damit auch für die Zukunft bindend vereinbart haben. Die Parteien haben in § 2 des Arbeitsvertrages eine für den öffentlichen Dienst typische Gleichstellungsabrede vereinbart. Das Arbeitsverhältnis sollte sich - ungeachtet der Tarifbindung - nach den für den öffentlichen Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträgen richten.

ee) Entscheidend dafür, dass die einzelvertragliche Bezugnahmeklausel auch die den BAT "ersetzenden" Tarifverträge erfasst, ist auch der Umstand, dass es sich bei der Ablösung des BAT-Regelungswerkes durch den TV-L bzw. TV-Ärzte um einen Fall der Tarifsukzession handelt und nicht um einen Fall des Tarifwechsels. Inhaltlich handelt es sich nicht um einen Tarifwechsel, sondern um eine von den bisherigen Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des bisherigen Anwendungsbereichs des Tarifvertrages (Möller-Welkonorsky, NZA 2006, 1382, 1385). Anlass für den Abschluss des TV-L und des TV-Ärzte war weder ein Betriebsübergang noch eine Änderung des Unternehmens- bzw. Betriebszweckes. Die Nachfolgetarifverträge wurden auch nicht von Tarifvertragsparteien abgeschlossen, die nicht zuvor am BAT beteiligt waren. Die einzige Besonderheit liegt darin, dass der Marburger Bund und ver.di, die beim BAT auf Arbeitnehmerseite Tarifvertragspartei waren, nunmehr separate Tarifverträge abgeschlossen haben. Die Arbeitnehmer werden daher nicht der Regelungsmacht anderer Tarifvertragsparteien unterworfen. Vielmehr bleibt es grundsätzlich bei dem mit dem BAT identischen fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereich, soweit es beim TV-L um die Landesebene geht. Dass der TV-Ärzte wiederum nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich hat, nämlich bezogen auf die Universitätsärzte, steht diesem Ergebnis nicht entgegen, denn die Universitätsärzte wurden zuvor vom Bundes-Angestelltentarifvertrag erfasst, den der Marburger Bund seinerzeit als Tarifvertragspartei auch mit abgeschlossen hat. Insoweit bleibt es bei der Identität der Tarifvertragsparteien.

Dementsprechend erfasst § 2 des Arbeitsvertrages auch die den Bundes-Angestelltentarifvertrag ersetzenden Tarifverträge.

III. Aufgrund der einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages findet mit Wirkung ab dem 01.11.2006 auf das Arbeitsverhältnis der TV-L Anwendung.

1. Hiergegen spricht auch nicht, dass die Klägerin - wie sie behauptet - Mitglied des Marburger Bundes ist und der TV-L von dieser Gewerkschaft nicht abgeschlossen wurde. Denn es geht hier nicht um Fragen der Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 1 TVG, sondern um den Inhalt der Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages, wofür die Mitgliedschaft in einer bestimmten Gewerkschaft angesichts des Charakters der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede unerheblich ist. Die Vertragsparteien wollten die jeweils unter den persönlichen, fachlichen und zeitlichen Geltungsbereich fallenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auf das Arbeitsverhältnis anwenden - ungeachtet der Mitgliedschaft der Klägerin in der den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft.

2. Unstreitig handelt es sich bei dem TV-L um einen Nachfolgetarifvertrag des BAT. Vom Geltungsbereich des TV-L werden alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied der TdL oder eines Mitgliedsverbandes der TdL ist, § 1 TV-L. Dass die Beklagte selbst eine solche Mitgliedschaft nicht aufweist, ist unerheblich, auch insoweit geht es nicht um die Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 1 TVG, sondern um die Auslegung der strittigen Bezugnahmeklausel und die Frage, welches ab dem 01.11.2006 der in Bezug genommene einschlägige Tarifvertrag ist.

a) Aus § 1 TV-L folgt jedenfalls, dass damit grundsätzlich sämtliche Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst werden, die im öffentlichen Dienst auf Landesebene tätig sind. Dazu gehören auch die Ärzte, wie aus §§ 41, 42 TV-L folgt. § 41 befasst sich mit Sonderregelungen für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken, § 42 mit Sonderregelungen für Ärztinnen und Ärzte außerhalb der Universitätskliniken. Allein der Umstand, dass der TV-L Sonderregelungen für Ärzte enthält, belegt augenscheinlich, dass auch Ärzte unter den persönlichen und fachlichen Geltungsbereich des TV-L fallen. Für die in Krankenhäusern beschäftigten Mitarbeiter gilt der TV-L mithin entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur für das nicht-ärztlichen Personal, sondern auch für Ärzte.

b) Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin findet demgegenüber der TV-Ärzte nicht kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel Anwendung. Denn der TV-Ärzte regelt nur die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken. Der persönliche Anwendungsbereich der TV-Ärzte ist daher enger als jener des TV-L. Angesichts dieses eingeschränkten persönlichen Geltungsbereiches verbietet es sich daher, den TV-Ärzte als von der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages erfasst anzusehen.

Dies gilt auch ungeachtet der Regelung in § 1 Abs. 4 TV-Ärzte. Dort ist festgeschrieben, dass auf Landesebene zu verhandeln ist, ob und inwieweit Regelungen dieses Tarifvertrages auf andere Ärztinnen und Ärzte im Landesdienst (z. B. an psychiatrischen Krankenhäusern) übertragen werden. Solange ein solcher Tarifvertrag nicht besteht bzw. eine solche Vereinbarung auf Landesebene nicht getroffen wurde, gilt für diese Ärzte und damit entsprechend auch für die Klägerin neben dem Mantelteil des TV-L die Sonderregelung in § 42 TV-L (vgl. Clements/Scheuring/Steingen/Wiese, TV-L Kommentar, Rn. 39 zu § 1 TV-Ärzte ,Geltungsbereich'). Im Übrigen ist insoweit zu berücksichtigen, dass gemäß § 41 Nr. 1 Abs. 2 TV-L ebenfalls die Möglichkeit besteht, auf Landesebene zu verhandeln, ob und inwieweit die nach dem TV-L geltenden Sonderregelungen für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken auf andere Ärztinnen und Ärzte im Landesdienst (z. B. an psychiatrischen Krankenhäusern) übertragen werden. Daraus folgt, dass der TV-L mit den in § 42 TV-L vereinbarten Sonderregelungen für im Landesdienst außerhalb von Universitätskliniken beschäftigte Ärzte das einschlägige Tarifwerk bleibt, solange auf Landesebene noch nichts anderes vereinbart wurde. Dies gilt aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im übertragenen Sinne auch für die Klägerin. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin nicht mehr im Landesdienst beschäftigt ist. Denn aus dem Charakter der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede folgt, dass die vertragsschließenden Parteien wollten, dass losgelöst von der Tarifbindung der Klägerin das für den öffentlichen Dienst persönlich und fachlich jeweils gültige Tarifwerk Anwendung findet. Dies ist hier der TV-L und nicht der TV-Ärzte, da die Klägerin gerade nicht an einer Universitätsklinik als Arzt beschäftigt wird.

IV. Der von der Klägerin im Übrigen angeführte Grundsatz der Tarifeinheit führt auch nicht zur Begründetheit der Klage. Richtig ist insoweit, dass es anders als beim BAT nunmehr für Ärzte zwei Tarifverträge mit zum Teil unterschiedlichen Inhalten gibt, die auf Arbeitnehmerseite von unterschiedlichen Gewerkschaften abgeschlossen wurden. Für den Fall, dass ein Arbeitgeber an zwei oder mehr Tarifverträge gebunden ist, die mit unterschiedlichen Gewerkschaften vereinbart wurden, liegt eine sogenannte Tarifpluralität vor. Sofern die Regelungsgegenstände identisch sind, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die Tarifverträge zueinander stehen und ob ein Tarifvertrag einen Vorrang hat. Bei einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel eines nicht tarifgebundenen Arztes an einer Universitätsklinik könnte sich daher die Frage stellen, ob der TV-L oder der TV-Ärzte von der Bezugnahmeklausel erfasst wird. Diese Frage stellt sich hier aber nicht, weil die Klägerin als Ärztin außerhalb von Universitätskrankenhäusern beschäftigt wird, sodass nur der TV-L mit den Sonderregelungen des § 42 TV-L einschlägig sein kann. Wenngleich auch die vertragliche Vereinbarung der Geltung eines Tarifvertrages später zur Entstehung von Tarifpluralität führen kann, so bleibt daher hier entscheidend, dass Tarifpluralität für die Klägerin nicht eintreten konnte, da sie nicht vom persönlichen Geltungsbereich beider Tarifverträge erfasst wurde.

Ungeachtet dessen ist aber auch überhaupt nicht erkennbar, inwieweit die Grundsätze der Tarifeinheit oder der Auflösung der Tarifpluralität zur Anwendung des zum 31.12.2006 aufgehobenen Zuwendungs-TV 12. Oktober 1973 führen könnten.

V. Auch die Argumentation der Klägerin zur Gleichstellungsabrede verfängt vorliegend nicht. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei § 2 des Arbeitsvertrages unzweifelhaft um eine Gleichstellungsabrede. Dies führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass am 01.11.2006 noch der Zuwendungs-TV vom 12. Oktober 1973 anwendbar war. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es hier nicht um einen Fall des durch Betriebsübergang oder Verbandsaustritt bedingten Tarifwechsels geht, sondern allein um die Ablösung eines alten Tarifvertrages durch einen neuen Tarifvertrag, d. h. den Fall der Tarifsukzession. Deshalb unterscheiden sich die von der Klägerin herangezogenen Fälle in einem wesentlichen Punkt von dem hier zu beurteilenden.

VI. Schließlich ist es auch unerheblich, dass die Beklagte in Abstimmung mit dem Marburger Bund den bei ihr beschäftigten Ärzten ab 01.01.2007 die einzelvertragliche Anwendung des TV-Ärzte anbot. Daraus folgt nicht im Umkehrschluss, dass bis zum 31.12.2006 der BAT sowie der diesen ergänzende Zuwendungs-TV Anwendung fand. Vielmehr handelt es sich bei der in Abstimmung mit dem Marburger Bund von der Arbeitgeberin angebotenen Anwendung des TV-Ärzte ab dem 01.01.2007 um eine einzelvertragliche Abänderung des § 2 des Arbeitsvertrages, die jederzeit möglich ist. Es bleibt den Arbeitsvertragsparteien unbenommen, ihr Arbeitsverhältnis einzelvertraglich unter einen anderen Tarifvertrag zu stellen, sofern sie der Meinung sind, dass dieser Tarifvertrag den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses sachlich näher regelt.

VII. Auch die zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Gesamtpersonalrat der p...-G... vereinbarte Sicherungsvereinbarung führt nicht zur Anwendung des Zuwendungs-TV vom 12. Oktober 1973 im streitgegenständlichen Zeitraum November/Dezember 2006. Gemäß § 2 der Sicherungsvereinbarung sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gestellt werden, wie sie stünden, wenn die zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifverträge BAT/MTArb einschließlich ihrer Fortentwicklung auch auf sie unmittelbar Anwendung fänden, auch wenn die neue durch Umwandlung entstehende GmbH nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband beziehungsweise anders tarifgebunden ist. Festgeschrieben ist dort also gerade der Schutz der bisher geltenden Arbeitsverträge Regelungen und Vereinbarungen und des BAT einschließlich seiner Fortentwicklung. Genau dies wird gewährleistet, wenn der TV-L als ersetzender Tarifvertrag von der Bezugnahmeklausel des § 2 erfasst wird.

VIII. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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